12 Oktober 2019

Bratwurstkaffee und Taliban (2)

Morgenmagazin in der ARD. Ich sitze in unserer Essecke und schaue auf den kleinen Fernseher, der über dem Tisch an der Wand hängt. Schatz kämpft gerade mit der Kaffeemaschine.

Die Kapsel klemmt, knurrt sie und stochert mit der Gabel wild im Apparat herum.

Bei mir hat nichts geklemmt, rufe ich ihr zu.

Oh doch, giftet sie. Bei dir klemmt so einiges. Weiß nicht, was sie damit meint. Ich höre ein metallisches Knacken. Schatz flucht. Ich schaue gerade die Wettervorhersage an. Es gibt Gewitter.

Ist kaputt, ruft sie.

Die Gabel, frage ich.

Die Maschine, zischt sie.

Nimm doch den Löslichen, schlage ich ihr vor.

Der schmeckt nach Bratwurst, sagt sie. Ich esse eigentlich ganz gerne Bratwurst, denke ich und nehme mir vor, heute nach dem Dienst an die Würstchenbude zu gehen.

Taliban streicht schnurrend an meinen Beinen herum und hofft, dass einige Krümel meines Frühstückbrötchens für ihn abfallen. Katzen eben! Schatz gießt sich schließlich doch einen löslichen Kaffee auf und setzt sich an den Tisch.

Du musst mit Maximilian-Pinocchio reden, sagt sie.

Wer ist das, frage ich.

Der Nachbarjunge, antwortet sie. Es geht nicht, dass er ständig Taliban ärgert.

Mich wundert es nicht, dass er das tut, sage ich, unser Kater hat ihn von Anfang an immer angefaucht.

Du denkst wie die amerikanische Regierung, murrt sie.

Wieso, frage ich.

Wenn ein Land die Amerikaner nicht mag, erklärt mir Schatz, werfen sie einfach Bomben darauf und wundern sich hinterher, dass die Bevölkerung sie dann noch weniger mag.

Na ja, sage ich, da ist ja schon noch ein Unterschied zwischen Bomben werfen und Bleigewichte an einen Schwanz binden.

Was würdest du sagen, kontert Schatz, wenn dir jemand Bleigewichte an deinen… Sie überlegt einen Moment. Dir würde das wahrscheinlich sogar gefallen, seufzt sie. Trotzdem, du musst mit ihm reden. Es geht nicht, dass er ständig hier einbricht.

Er hat sich das Schlösserknacken selbst beigebracht, sage ich. Da gab es so ein Tutorial auf YouTube. Ist doch toll, dass die Jugend so ein Engagement zeigt.

Soll er lieber zu Fridays for Future gehen. Da engagiert er sich für etwas Sinnvolles. Du musst mit ihm reden. Und ich kaufe eine neue Kaffeemaschine, sagt sie.

Wollen wir das nicht umgekehrt machen, frage ich, ich die Kaffeemaschine, du den Jungen?

Nö, sagt sie, du würdest wieder so ein kompliziertes Ding kaufen, das nur Männer bedienen können.

Was ist denn an einer Kapselmaschine kompliziert, frage ich.

Na ja, die vielen Knöpfe.

Es sind drei, gebe ich zu Bedenken. Du hast ein Smartphone, das ist doch viel komplizierter.

Das kann man doch nicht vergleichen. Ein Telefon dient der Kommunikation. Das ist wichtig. Da muss man Bescheid wissen. Aber Kaffeekochen? Warum sind da drei Knöpfe? Ich will doch nur einen Kaffee. Egal, fügt sie nach einer kleinen Pause hinzu, ich kaufe die neue Maschine. Vielleicht eine ohne Kapseln. Die machen so viel Abfall. Wir müssen ökologischer leben.

Aber du wolltest doch unbedingt die Kapseln, weil dann die Küche sauberer bleibt, erinnere ich sie.

Na und, giftet sie mich an, man kann seine Meinung ja auch ändern. Es hat keinen Sinn, noch weiter zu diskutieren, denke ich und füge mich meinem Schicksal.



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Verfasst 12. Oktober 2019 von Simon in category "Satire", "Schatz und ich

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