Lasset uns Neuröslein pflanzen
Es ist so weit. Die Welt steht vor einer Revolution. Schluss mit den mitleidigen Blicken, wenn man mit Gummihandschuhen einkaufen geht. Schluss mit dem Belächelt-werden, nur weil man einen Mund-Nasen-Schutz trägt. Ja, das Zeitalter der Mysophobie ist angebrochen. Die Menschen haben endlich erkannt: Das Leben ist lebensgefährlich! Nicht die Russen, nicht die Iraner, nicht die Atombomben gefährden uns. Corona zeigt uns, gegen wen wir wirklich Krieg führen, nämlich gegen diese mörderischen kleinen Biester namens Viren und Bakterien. Sollen die Verharmloser doch an ihren Infektionen zu Grunde gehen. Wir pflegen unsere Neurosen!
Die Desinfektion nach jedem Händedruck wird salonfähig. Überhaupt, was sollen diese altbackenen Rituale, jemanden die eigene Haut zur Besiedelung eines fremden Biotops anzubieten? Weiß ich denn, ob der andere nicht gerade auf der Toilette war. Weiß ich denn, ob er sich danach die Hände wusch? Kommt er vielleicht gerade vom Einkaufen und gehört zu den Schmutzfinken, die den Einkaufswagen vor dem Berühren nicht desinfizieren? Und jetzt trägt er einen ganzen Urwald an Erregern zwischen seinen Fingern herum? Wie wär’s stattdessen mit einem digitalen Händedruck per Smartphone-App? Man muss mit der Zeit gehen. Corona lehrt uns, das Alte über Bord zu werfen.
Besonders schlimm sind Restaurants. Speisereste werden nur mit einem feuchten Lappen von den Tischen entfernt. In den Mikro-Ritzen bleibt ein Schlemmermahl für Viren, Bakterien und Pilzen übrig. Die vermehren sich hemmungslos und warten auf ihr nächstes Opfer, in dessen warmen Körper sie ihre Exzesse weiter feiern können. Sie klammern sich an Fingern, Händen oder Armen fest. So gelangen sie ins Gesicht und in den Mund. Und dann über kleinere Verletzungen des Zahnfleischs per Express in die Blutbahn. Jetzt geht die Party erst so richtig los, das große Fressen unserer Organe hat begonnen. Und wenn sie nur auf unserer Kleidung landen? Kein Problem, dann klammern sie sich an uns, wenn wir die Dreckwäsche in die Maschine packen und uns gleich hinterher die Nase putzen.
Was wundert es da, wenn besonnene Leute vor dem Mahl im Restaurant erst einmal den Tisch und das Besteck desinfizieren. Nun wird man nicht mehr ausgelacht, wenn man nach dem Essen zur inneren Desinfektion ein hochprozentiges Wässerchen trinkt. Diese Zeiten sind endgültig vorbei, nicht nur weil die Restaurants alle geschlossen haben. Ist es nicht viel besser, zu Hause zu essen, wo man sein Fleisch in reinem Alkohol einlegen kann und den Salat oder das Gemüse vor dem Verzehr desinfiziert?
Tja ihr Ignoranten, das Zeitalter der Desinfektions-Junkies, der Viren- und Bakterien-Terminatoren ist angebrochen.